Paradise now!

Aufruf zu den antirassistischen Protesten gegen die Kundgebung von Michael Stürzenberger am 21. September in Rosenheim.

Am 21. September geht es in Rosenheim wieder gegen den rechten Multifunktionär Michael Stürzenberger auf die Straße. Stürzenberger ist seit Jahren unter unterschiedlichen Labels an der Organisation rassistischer Kundgebungen und Demonstrationen, so auch an einigen „Pegida“ – Demonstrationen in München, beteiligt. Bereits im Juli beschallte dieser selbsternannte „Retter des Abendlandes“ mit einer mehrstündigen Kundgebung die Rosenheimer Innenstadt. Hunderte Menschen hielten dagegen und demonstrierten lautstark gegen Rassismus.

Seine vorgeschobene „Islamkritik“ ist dabei nichts als Etikettenschwindel, um rassistische Resentiments zu schüren und eine Politik der Abschottung und Ausgrenzug zu legitimieren. Ihm geht es darum, ein verallgemeinerndes und dämonisierendes Bild von Muslim*innen zu bedienen, das es ihm erlaubt „den Islam“ als existenzielle Bedrohung für die westliche Zivilisation und sein geliebtes deutsches Volk darzustellen, die bekämpft werden muss. Stürzenberger und Konsorten geht es nämlich nicht darum den global erstarkenden Islamismus und seine gesellschaftlichen wie historischen Wurzeln zu kritisieren oder zu bekämpfen, sondern es geht ihnen darum ihrer Anhängerschaft und ihrem Publikum eine Legitimation dafür zu geben, sich hinter rassistische und nationalistische Forderungen zu stellen. Besonders deutlich wird das z.B. aufgrund der Tatsache, dass sich „Pegida“ ursprünglich gegen Unterstützer*innen der PKK gründete, also gegen diejenigen die in Syrien seit Jahren gegen die Islamisten des „Islamischen Staat“ und für eine säkulare Gesellschaft gekämpft haben und kämpfen. 

Dabei dürfen wir allerdings nicht vergessen, Kader wie Stürzenberger als Stichwortgeber der sozialen Bewegung von rechts zu begreifen, die auf eine weitere Verschärfung der jetzt schon extrem restriktiven deutschen Asyl- und Migrationspolitik hinwirken. Ihnen geht es darum Refugees und Migrant*innen kollektiv „dem Islam“ zuzuschreiben, damit zum Feind zu erklären und aus der Gesellschaft auszuschließen. Da diese rassistische Projektion keine Widersprüchlichkeiten zulässt ist auch die Frage nach der individuellen Ausrichtung der Religiösität für sie irrelevant. An den tödlichen Außengrenzen der EU, deren weitere Militarisierung seit Jahren Kernforderung beispielsweise der  „Pegida“ – Demonstrationen ist, sterben seit Jahren Menschen, egal welchen Glaubens als Folge der rassistischen Abschottungspolitik Europas. 

Der Kampf gegen das Erstarken der Rechten muss sich – wenn er erfolgreich sein will – also auch gegen jene gesellschaftlichen Verhältnisse richten, die rechte Bewegungen überhaupt erst möglich machen: gegen religiösen Wahn und Irrationalismus, gegen den Rassismus, der die deutsche Gesellschaft nicht nur am rechten Rand, sondern bis weit in ihre Mitte hinein prägt und gegen eine Asyl- und Migrationspolitik, die Deutschland und Europa abschottet und an seinen Aussengrenzen jedes Jahr tausende Flüchtlinge elendig sterben lässt. Gegen globale Verhältnisse, die, geprägt von (post)kolonialer Ausbeutung und kriegerischer Gewalt, Menschen in die Flucht zwingen und gegen eine Gesellschaft, die Migrant*innen und Flüchtlingen demokratische Rechte abspricht und sie von gesellschaftlicher Teilhabe ausschließt. Als antifaschistische und antirassistische Öffentlichkeit müssen wir in die Offensive gehen für eine solidarische Gesellschaft, die Menschen nicht nach Kriterien der Verwertbarkeit oder des Rassismus sortiert und  globale Bewegungsfreiheit für alle Menschen garantiert.

Diese Perspektive wollen wir am 21. September in Rosenheim auf die Straße tragen. Kommt um 10:30 Uhr zur antirassistischen Demonstration am Bahnhof. Danach werden wir Stürzenberger und seiner Anhängerschaft klar machen, dass sie in Rosenheim auch weiterhin nichts zu suchen haben. Seid entschlossen und kreativ. Denn: Weder nationale oder religiöse Kollektive, noch Nationalismus und Rassismus sind für uns eine Alternative.

Die befreite Gesellschaft allerdings schon! 

So, 01.09.19: “Das Leben des Carlos Fernando” (Film)

20 Jahre nach dem rassistischen Mord in Kolbermoor – Filme im Z

Vor 20 Jahren wurde der gebürtige Mosambikaner Carlos Fernando in Kolbermoor von einem Rassisten aufgrund seiner Hautfarbe totgeprügelt. Mit der Vorführung des Filmes “Das Leben des Carlos Fernando” am Sonntag, den 1. September 2019 im Z,dem linken Zentrum Rosenheims, will die Gruppe Contre la tristessean den rassistischen Mord in Kolbermoor erinnern.

Am 15. August 1999 griff ein Deutscher in der Kolbermoorer Schuhmannstraße erst zwei Angolaner und einen Mosambikaner wegen einem zugeparkten Auto an, sie konnten jedoch fliehen. Wenig später verlässt Carlos Fernando die nahegelegene „Cubana-Bar“ [1] und wird völlig unvermittelt von dem Rassisten angegriffen. Der Täter, Roman G. aus Kolbermoor, ist vorbestraft und der Polizei auch wegen eines rechtsextremen Delikts bekannt. Er schlägt den 35-jährigen Mosambikaner mit einem Fausthieb nieder. Als das Opfer mit dem Kopf auf den Asphalt aufschlug und regungslos liegen bieb, trat Roman G. ihm ins Gesicht. Carlos Fernando erlitt schwerste Gehirnverletzungen und verstarb an den Folgen des Angriffs am 30. September 1999 im Krankenhaus. Der damals 31-jährige Täter gab zu Protokoll, sein Opfer habe ihn gereizt, weil er ein »N****« gewesen sei. Die „Nürnberger Nachrichten“ zitieren G. mit den Worten: „Die Drecksn**** gehören alle totgeschlagen“. 

Die Rosenheimer Gruppe „Contre la tristesse“ will nun am Sonntag, den 1. September mit einer Filmvorführung an den rassistischen Mord in Kolbermoor erinnern. Im Rosenheimer Z (Innstr. 45a) wird die  Dokumentation “Das Leben des Carlos Fernando” (hr,  2001, 45 Min. [2]) von Samuel Schirmbeck vorgeführt. Der Film erinnert an einen lebenslustigen, jungen Mann, der zunächst als „Mossi“, als Mosambikaner, in der DDR lebte, als Arbeiter in einem Reifenkombinat. Die Wende machte aus dem sozialistischen Bruder einen arbeitslosen Fremden. Er lernte noch die beiden Deutschlands kennen: die DDR und das wiedervereinte Bundesrepublik Deutschland. Carlos Fernando verwirklichte seinen Traum und zog an den Rand der bayerischen Alpen, wo er 1999 erschlagen wurde.  Dem vorausgegangen war, dass die Ausländerbehörde ihn abschieben wollte, seine deutsche Frau Ramona ihn aber versteckte. Schließlich verließ er Neubrandenburg, trennte sich von seiner Frau und fand mit Tochter Tracy eine neue Heimat im scheinbar beschaulichen Kolbermoor in Oberbayern, die geliebten Berge in Sichtweite. Vor der „Cubana-Bar“ wurde er ermordet, von einem Rechtsradikalen, im Streit um ein zugeparktes Auto. Der Täter spielt in diesem Film, wie in der gesamten Reihe, nur eine Nebenrolle. Im Mittelpunkt steht ein offenherziger Mann, dessen Leben durch einen Fausthieb ausgelöscht wurde.

Mit der Filmveranstaltung wollen die Veranstalter*innen auf die Gefahr, welche von der Kontinuität rechten Terrors in der Bundesrepublik sowie gesellschaftlich weit verbreiteten rassistischen Ressentiments ausgeht, hinweisen. In ihren Augen zeigen die rund 200 Todesopfer rechter Gewalt seit dem Wendejahr 1990 deutlich die Notwendigkeit auf, Rassismus in all seinen Facetten entschieden entgegenzutreten und sich mit allen Menschen zu solidarisieren, die täglich von rechter Gewalt bedroht sind. Aus diesem Grund will „Contre la tristesse„ weiterhin konsequent gegen rechte Umtriebe vorgehen, die auch in Rosenheim Zulauf bekommen sowie eigene antirassistische Veranstaltungen organisieren. So ist beispielsweise für Sonntag, den 06. Oktober die Vorführung des Dokumentarfilm „DER ZWEITE ANSCHLAG“ geplant, welcher die bisher kaum beachtete Perspektive der Betroffenen dieser Gewalt dokumentiert und in den Mittelpunkt stellt.

Die Filmvorführung von “Das Leben des Carlos Fernando” findet am Sonntag, den 01. September um 19:00 Uhr im Rosenheimer Z, dem linken Zentrum in Selbstverwaltung (Innstraße 45a), statt. Der Eintritt ist frei.

[1] Die Cubana-Bar existiert heute nicht mehr. Das Haus (Schuhmannstraße 3) wurde abgerissen und stattdessen wurde an selber Stelle ein Wohnhaus errichtet.

[2] Die Dokumentation von Samuel Schirmbeck entstand in der Reihe „Tödliche Begegnungen“ des Hessischen Rundfunks (HR). Die Reihe gehörte 2002 zu den Preisträgern des Civis Medienpreises:

„Die Reihe ‚Tödliche Begegnungen’ des Hessischen Rundfunks erhält den Sonderpreis der Jury. Konzeption und Idee zu der Reihe stammen von Esther Schapira. In qualitativ herausragender Weise erhalten Opfer rechtsradikaler Übergriffe einen Namen. Die Reihe lässt den Menschen aus der Anonymität einer knappen Agenturmeldung heraustreten und macht aus der Opferstatistik ein Individuum. Das eindrückliche, individuelle und interessante Leben des einzelnen Menschen wird nachgezeichnet, er wird für die Zuschauer ‚lebendig’ und interessant, auch wenn er ‚nur’ eine Randposition innerhalb der Gesellschaft hatte. Die Filme entwickeln Sogwirkung: Je länger man zusieht, desto mehr möchte man erfahren von dem Menschen, der hinter dem Begriff ‚Opfer’ steht. Hervorzuheben ist vor allem auch die akribische Recherchearbeit, die hinter den lebendigen Porträts der drei Menschen steht. Die Beiträge sind filmisch gut und handwerklich aufwendig gemacht. Gut montierte Bilder und Montagen, die vordergründig gar nichts mit dem Leben des ‚Opfers’ zu tun haben, stellen subtil einen Bezug zu den Porträtierten her.“ (Aus der Begründung der Jury)

Salzburg 1000-Kreuze-Marsch blockieren!

Salzburg, Do, 25. 7. 2019

Zugtreffpunkt Rosenheim: 09:15 Uhr Bahnhof Rosenheim

Demo: 11:30 Uhr, Salzburg Hauptbahnhof

Aufruf von https://prochoicesbg.noblogs.org/:

Für einen freien Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen!

Schluss mit der Instrumentalisierung von Menschen mit Beeinträchtigung durch rechte Gruppierungen!

Jedes Jahr im Sommer wird die Salzburger Altstadt Bühne eines befremdlichen Spektakels: ultra-religiöse FundamentalistInnen veranstalten einen sogenannten „Gebetszug 1000 Kreuze für das Leben“. Weiße Holzkreuze tragend ziehen selbsternannte „LebensschützerInnen“ dabei durch die Gassen. Organisiert wird das antifeministische Event von Human Life International (HLI, Lebenszentrum Salzburg) gemeinsam mit EuroProLife (München). Der „1000 Kreuze Marsch“ in Salzburg ist ein Treffen christlicher AntifeministInnen aus Österreich, Bayern und Südtirol.

Der Zweck ihres Auftrittes: Propaganda gegen reproduktive Selbstbestimmung und gegen Emanzipation ganz allgemein. Die ultra-religiösen Gruppierungen lehnen nicht nur Schwangerschaftsabbrüche ab, sie sprechen sich auch gegen jegliche Verhütungsmittel und fortschrittliche Sexualaufklärung aus. Somit treten sie für Zwangs-Schwangerschaften und eine Gebärpflicht für Frauen und Mädchen ein. Homosexualität und geschlechtliche Vielfalt sind ihnen ein Dorn im Auge – als einzige Form des Zusammenlebens gilt ihnen die konservative Kernfamilie mit möglichst vielen leiblichen Kindern.

Zudem instrumentalisieren diese Gruppierungen Menschen mit Beeinträchtigung für ihre rechte Agenda. Unter dem Vorwand, diese schützen zu wollen, spielen sie gezielt Menschen mit Beeinträchtigungen und Lernschwierigkeiten gegen ungewollt Schwangere aus. Aktuell betreibt eine rechte Gruppierung diese niederträchtige Argumentation besonders vehement: die MacherInnen der Kampagne #Fairändern. Unterstützt von Mitgliedern aus ÖVP und FPÖ, dem konservativen Männerbund CV (Cartellverband) und der katholischen Kirche holt #Fairändern aktuell zu einem Schlag gegen die teilweise Straffrei-Stellung von Schwangerschaftsabbrüchen (Fristenlösung) aus.

Wenn wir dem nicht jetzt unseren Widerstand entgegensetzen, sieht es schlecht aus für ungewollt Schwangere.

Dem wollen wir entgegentreten. Wir rufen zu einer Pro-Choice-Demo und zum Blockieren des 1000-Kreuze-Marsches auf.

Außerdem laden wir alle Feministinnen und anderen fortschrittlichen Menschen, mit und ohne Beeinträchtigung oder Lernschwierigkeiten, dazu ein, sich zu verbünden.

Wir verwenden die Begriffe Menschen mit Be_hinderung, Beeinträchtigung und Lernschwierigkeiten. Wir sind selber nicht betroffen, aber wollen dem Rechnung tragen, dass es verschiedene Selbstbezeichnungen gibt. Als Nicht-Betroffene wollen wir uns nicht für eine Bezeichnung entscheiden, die manchen Betroffenen möglicherweise nicht gerecht wird.