„Der zweite Anschlag“ [Filmvorführung // 06.10.2019]

Am Sonntag, den 6. Oktober 2019 zeigen wir im Z – dem linken Zentrum in Rosenheim (Innstraße 45a) zusammen mit den Initiativkreis Migration den Film „Der zweite Anschlag“. Die Veranstaltung findet im Rahmen der Reihe „Der politische Film“ statt. Beginn der Vorführung ist um 19:00 Uhr, der Eintritt ist frei.

Infos zum Film:

von Mala Reinhardt | Deutschland, 2018 | Länge: 62 min. | Format: DCP, 16:9, Farbe | Sprache: Deutsch und Türkisch mit englischen Untertiteln

„Das Boot ist voll!“, „Ausländer raus!“, „Deutschland den Deutschen“.

Die Parolen der Rechten sind mittlerweile unüberhörbar geworden. Genauso die Gewalt, die sich gegen jene Menschen richtet, die als „fremd“ wahrgenommen werden. Mit erschreckender Kontinuität wiederholen sich seit Jahrzehnten rassistisch motivierte Ausschreitungen, Angriffe und Morde in der Bundesrepublik Deutschland.

Der Film dokumentiert die bisher kaum beachtete Perspektive der Betroffenen dieser Gewalt und stellt sie in den Mittelpunkt. In tiefgehenden Interviews entwickelt der Film ein präzises Bild der teils traumatischen Erlebnisse, welche die Protagonist*innen des Films durchlebt haben. Osman Taköprü erzählt von dem Mord an seinem Bruder Süleyman, den der Nationalsozialistische Untergrund (NSU) 2001 in Hamburg beging. Ibrahim Arslan schildert seine Erinnerungen an den rassistischen Brandanschlag von Mölln 1992, den er selbst nur knapp überlebte und Mai Phương Kollath wohnte selbst in Rostock-Lichtenhagen, als dort unter dem Beifall hunderter Schaulustiger das Sonnenblumenhaus von Neonazis in Brand gesteckt wurde.

Doch es bleibt nicht dabei. Angesichts von anhaltenden rassistischen Ausschreitungen, der unzureichenden Aufklärung des NSU-Komplexes und dem Einzug der AfD in die politische Landschaft der BRD haben Mai Phương, Ibrahim und Osman eine Entscheidung getroffen: Sie werden nicht länger schweigen. Dabei verweben sich ihre Geschichten. Und während sie für eine lückenlose Aufklärung und ein Ende der Gewalt eintreten, entsteht ein Netzwerk aus Menschen, die ähnliches erlebt haben.

So erhebt auch Gülüstan Ayaz-Avcı, deren Partner Ramazan bereits in den 1980ern von Nazis ermordet wurde, ihre Stimme. Ihr Fall zeigt, dass rassistische motivierte Gewalt in Deutschland nicht erst mit der Wiedervereinigung beginnt. Auch Özge Pınar Sarp berichtet von aktuellen Entwicklungen und eröffnet im Film eine migrantische Perspektive auf antifaschistisches Engagement in Deutschland. Als sie vor wenigen Jahren nach Deutschland kam und selbst politisch aktiv wurde, bekam auch sie tief verankerten alltäglichen Rassismus zu spüren.

DER ZWEITE ANSCHLAG führt diese Geschichten in einer vielschichtigen Erzählweise zusammen und eröffnet einen detaillierten Einblick in den Kampf migrantischer Communities gegen Rassismus in Deutschland.

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Paradise now – Religionskritik statt Rassismus! (Redebeitrag / Flugblatt)

Bei den Protesten gegen Michael Stürzenberger am 21. September 2019 in Rosenheim haben wir folgenden Redebeitrag gehalten. Der Text wurde auch als Flugblatt verteilt.

Heute sind wir in Rosenheim wieder gegen den rechten Multifunktionär Michael Stürzenberger auf der Straße, der seit Jahren unter unterschiedlichen Labels an der Organisation rassistischer Kundgebungen und Demonstrationen, so auch an einigen „Pegida“ – Demonstrationen in München, beteiligt ist. Bereits im Juli beschallte dieser selbsternannte „Retter des Abendlandes“ mit einer mehrstündigen Kundgebung die Rosenheimer Innenstadt. Hunderte Menschen hielten dagegen und demonstrierten damals lautstark gegen Rassismus.

Seine vorgeschobene „Islamkritik“ ist dabei nichts als Etikettenschwindel, um rassistische Ressentiments zu schüren und eine Politik der Abschottung und Ausgrenzung zu legitimieren. Ihm geht es darum, ein verallgemeinerndes und dämonisierendes Bild von Muslim_innen zu bedienen, das es ihm erlaubt, „den Islam“ als existenzielle Bedrohung für die westliche Zivilisation und sein geliebtes deutsches Volk darzustellen, die bekämpft werden muss.
Mit einer Kritik in ihrem Wortsinn, also dem rationalen Durchdringen von Sachverhalten, hat dieses Weltbild rein gar nichts zu tun, im Gegenteil – es ist brandgefährlich. Stürzenberger und Konsorten geht es nämlich nicht darum, den global erstarkenden Islamismus und seine gesellschaftlichen wie historischen Wurzeln zu kritisieren oder zu bekämpfen, sondern es geht ihnen darum, ihrer Anhängerschaft und ihrem Publikum eine Legitimation dafür zu geben, sich hinter rassistische und nationalistische Forderungen zu stellen. Besonders deutlich wird das z.B. aufgrund der Tatsache, dass sich „Pegida“ ursprünglich gegen Unterstützer*innen der PKK gründete, also gegen diejenigen an deren Seite die YPG/JPG und anderen in Syrien seit Jahren gegen die Islamisten des „Islamischen Staat“ und für eine säkulare Gesellschaft gekämpft haben und kämpfen.

Angesichts solcher Scheinkritik lohnt es sich, sich auch aus emanzipatorischer, linker Sicht mit der Rolle der Religion in unserer Gesellschaft auseinander zu setzen. Das religiöse Bedürfnis ist zu großen Teilen gesellschaftlich bedingt – also ein Produkt der Verhältnisse oder anders: ein „Seufzer der bedrängten Kreatur“ (Marx), wobei unter Bedrängung die sowohl körperlich wie geistig zu begreifende Entsagung und Beschädigung des Einzelnen zu verstehen ist. Die Zumutungen, welche die bestehende Form der Vergesellschaftung für den Einzelnen bereithalten – aktuell z.B. kapitalistische Produktionsweise, Patriarchat und Staat – schaffen erst das Bedürfnis des Einzelnen, diese Zumutungen zu rationalisieren, ihrer Sinnlosigkeit einen sakralen Sinn zu geben. Erst weil das Bestehende daran scheitert, die Bedürfnisse und Wünsche der Menschen zu befriedigen, entsteht bei diesen das Bedürfnis, statt weltlichen Glücks die Erlösung im Himmlischen zu suchen. Oder um es kurz zu sagen, Religionskritik muss gleichzeitig Herrschaftskritik sein, also kein rein plakatives Ablehnen von Religion, sondern eine materialistische Kritik der Verhältnisse, die religiöse Ideologien – egal ob christliche, muslimische oder esoterische – als Verschleierung für das Bestehen ihrer ungleichen Verhältnisse benötigen.

Wo also eine rassistische pseudo-Islamkritik in Stellung gebracht wird, um Menschen aus der Gesellschaft auszuschließen, gilt es an linke Grundwerte zu erinnern. Es gilt, was Marx schon vor rund 150 Jahren treffend formuliert hat:

„Die Kritik der Religion endet mit der Lehre, daß der Mensch das höchste Wesen für den Menschen sei, also mit dem kategorischen Imperativ, alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist.“

Dabei dürfen wir allerdings nicht vergessen, Kader wie Stürzenberger als Stichwortgeber der sozialen Bewegung von rechts zu begreifen, die auf eine weitere Verschärfung der jetzt schon extrem restriktiven deutschen Asyl- und Migrationspolitik hinwirken. Ihnen geht es darum, Refugees und Migrant_innen kollektiv „dem Islam“ zuzuschreiben, damit zum Feind zu erklären und aus der Gesellschaft auszuschließen. Da diese rassistische Projektion keine Widersprüchlichkeiten zulässt, ist auch die Frage nach der individuellen Ausrichtung der Religiösität für sie irrelevant. An den tödlichen Außengrenzen der EU, deren weitere Militarisierung seit Jahren Kernforderung beispielsweise der  „Pegida“ – Demonstrationen ist, sterben seit Jahren Menschen, egal welchen Glaubens als Folge der rassistischen Abschottungspolitik Europas.

Der Kampf gegen das Erstarken der Rechten muss sich – wenn er erfolgreich sein will – also auch gegen jene gesellschaftlichen Verhältnisse richten, die rechte Bewegungen überhaupt erst möglich machen: Gegen religiösen Wahn und Irrationalismus, gegen den Rassismus, der die deutsche Gesellschaft nicht nur am rechten Rand, sondern bis weit in ihre Mitte hinein prägt und gegen eine Asyl- und Migrationspolitik, die Deutschland und Europa abschottet und an seinen Aussengrenzen jedes Jahr tausende Geflüchtete elendig sterben lässt. Gegen globale Verhältnisse, die, geprägt von (post)kolonialer Ausbeutung und kriegerischer Gewalt, Menschen in die Flucht zwingen und gegen eine Gesellschaft, die Migrant_innen und Geflüchteten demokratische Rechte abspricht und sie von gesellschaftlicher Teilhabe ausschließt. Als antifaschistische und antirassistische Öffentlichkeit müssen wir in die Offensive gehen für eine solidarische Gesellschaft, die Menschen nicht nach Kriterien der Verwertbarkeit oder des Rassismus sortiert und globale Bewegungsfreiheit für alle Menschen garantiert. Ein solches universelles und demokratisches Recht auf globale Bewegungsfreiheit wird in gegenwärtigen Debatten wohl eher wahlweise als ‘sympathische, aber unrealisierbare Spinnerei’ oder als ‘Wahnsinn’ abgetan. Tatsächlich scheint es in den gegenwärtigen kapitalistischen und rassistischen Verhältnissen nicht denkbar. Doch diese Erkenntnis darf nicht in die Doppelmoral der Mehrheitsgesellschaft oder die resignierte Anerkennung des Status Quo führen. Die Doppelmoral besteht u.a. darin, von Humanismus zu faseln und gleichzeitig Menschen auf der Flucht im Mittelmeer ertrinken zu lassen. Wenn die gegenwärtigen Verhältnisse globale Bewegungsfreiheit der Migration verunmöglichen, dann bedarf es nicht weniger als einer radikalen Umgestaltung der gesellschaftlichen Verhältnisse.

Diese Perspektive tragen wir heute auf die Straßen. Zeigen wir Stürzenberger und seiner Anhängerschaft, dass sie in Rosenheim auch weiterhin nichts zu suchen haben. Seid entschlossen und kreativ. Denn: Weder nationale oder regligiöse Kollektive, noch Nationalismus und Rassismus sind für uns eine Alternative.

Die befreite Gesellschaft allerdings schon!

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Paradise now!

Aufruf zu den antirassistischen Protesten gegen die Kundgebung von Michael Stürzenberger am 21. September in Rosenheim.

Am 21. September geht es in Rosenheim wieder gegen den rechten Multifunktionär Michael Stürzenberger auf die Straße. Stürzenberger ist seit Jahren unter unterschiedlichen Labels an der Organisation rassistischer Kundgebungen und Demonstrationen, so auch an einigen „Pegida“ – Demonstrationen in München, beteiligt. Bereits im Juli beschallte dieser selbsternannte „Retter des Abendlandes“ mit einer mehrstündigen Kundgebung die Rosenheimer Innenstadt. Hunderte Menschen hielten dagegen und demonstrierten lautstark gegen Rassismus.

Seine vorgeschobene „Islamkritik“ ist dabei nichts als Etikettenschwindel, um rassistische Resentiments zu schüren und eine Politik der Abschottung und Ausgrenzug zu legitimieren. Ihm geht es darum, ein verallgemeinerndes und dämonisierendes Bild von Muslim*innen zu bedienen, das es ihm erlaubt „den Islam“ als existenzielle Bedrohung für die westliche Zivilisation und sein geliebtes deutsches Volk darzustellen, die bekämpft werden muss. Stürzenberger und Konsorten geht es nämlich nicht darum den global erstarkenden Islamismus und seine gesellschaftlichen wie historischen Wurzeln zu kritisieren oder zu bekämpfen, sondern es geht ihnen darum ihrer Anhängerschaft und ihrem Publikum eine Legitimation dafür zu geben, sich hinter rassistische und nationalistische Forderungen zu stellen. Besonders deutlich wird das z.B. aufgrund der Tatsache, dass sich „Pegida“ ursprünglich gegen Unterstützer*innen der PKK gründete, also gegen diejenigen die in Syrien seit Jahren gegen die Islamisten des „Islamischen Staat“ und für eine säkulare Gesellschaft gekämpft haben und kämpfen. 

Dabei dürfen wir allerdings nicht vergessen, Kader wie Stürzenberger als Stichwortgeber der sozialen Bewegung von rechts zu begreifen, die auf eine weitere Verschärfung der jetzt schon extrem restriktiven deutschen Asyl- und Migrationspolitik hinwirken. Ihnen geht es darum Refugees und Migrant*innen kollektiv „dem Islam“ zuzuschreiben, damit zum Feind zu erklären und aus der Gesellschaft auszuschließen. Da diese rassistische Projektion keine Widersprüchlichkeiten zulässt ist auch die Frage nach der individuellen Ausrichtung der Religiösität für sie irrelevant. An den tödlichen Außengrenzen der EU, deren weitere Militarisierung seit Jahren Kernforderung beispielsweise der  „Pegida“ – Demonstrationen ist, sterben seit Jahren Menschen, egal welchen Glaubens als Folge der rassistischen Abschottungspolitik Europas. 

Der Kampf gegen das Erstarken der Rechten muss sich – wenn er erfolgreich sein will – also auch gegen jene gesellschaftlichen Verhältnisse richten, die rechte Bewegungen überhaupt erst möglich machen: gegen religiösen Wahn und Irrationalismus, gegen den Rassismus, der die deutsche Gesellschaft nicht nur am rechten Rand, sondern bis weit in ihre Mitte hinein prägt und gegen eine Asyl- und Migrationspolitik, die Deutschland und Europa abschottet und an seinen Aussengrenzen jedes Jahr tausende Flüchtlinge elendig sterben lässt. Gegen globale Verhältnisse, die, geprägt von (post)kolonialer Ausbeutung und kriegerischer Gewalt, Menschen in die Flucht zwingen und gegen eine Gesellschaft, die Migrant*innen und Flüchtlingen demokratische Rechte abspricht und sie von gesellschaftlicher Teilhabe ausschließt. Als antifaschistische und antirassistische Öffentlichkeit müssen wir in die Offensive gehen für eine solidarische Gesellschaft, die Menschen nicht nach Kriterien der Verwertbarkeit oder des Rassismus sortiert und  globale Bewegungsfreiheit für alle Menschen garantiert.

Diese Perspektive wollen wir am 21. September in Rosenheim auf die Straße tragen. Kommt um 10:30 Uhr zur antirassistischen Demonstration am Bahnhof. Danach werden wir Stürzenberger und seiner Anhängerschaft klar machen, dass sie in Rosenheim auch weiterhin nichts zu suchen haben. Seid entschlossen und kreativ. Denn: Weder nationale oder religiöse Kollektive, noch Nationalismus und Rassismus sind für uns eine Alternative.

Die befreite Gesellschaft allerdings schon!