Nationalsozialismus in Rosenheim

Nationalsozialismus in Rosenheim

Kein Vergeben, kein Vergessen!

Exkursionsreihe zum Tag der Befreiung vom deutschen Faschismus

Mi., 02.05.18 | 18:30 Uhr | Fahrrad-Exkursion | KZ-Aussenlager Haidholzen
Sa., 02.06.18 | 12:15 Uhr | Exkursion Psychiatriemuseum Gabersee @ Bahnhof, Rosenheim

Am 8. Mai 1945 endete nicht nur der zweite Weltkrieg, sondern mit ihm das größte Verbrechen der Menschheitsgeschichte, der systematischen Massenmord an unzähligen Menschen. Während des Holocausts wurden nicht nur etwa 6 Millionen Jüdinnen und Juden und 500.000 Sinti*ze und Romni*ja ermordet. Auch wurden viele weitere Menschen, die nicht in die nationalsozialistische „Volksgemeinschaft“ passten oder passen wollten, verfolgt und umgebracht. Unter ihnen waren auch etwa 300.000 Menschen, die als behindert oder krank angesehen wurden und der zynisch als „Euthanasie“ bezeichneten Massentötung zum Opfer fielen.

Gleichwohl dieser systematische Massenmord bekannt war, bestand nach Kriegsende weder in Österreich noch in Deutschland ein gesellschaftliches Interesse, diese Verbrechen aufzuarbeiten. So hatten zahlreiche NS-Verbrecher auch in den Jahren nach 1945 hohe Ämter und Regierungsposten inne und wurden bis heute nicht angeklagt und verurteilt.
Doch gerade eine opfergerrechte Aufarbeitung hat bis heute allenfalls nur anfänglich stattgefunden. Besonders in Stadt und Landkreis Rosenheim wird eine derartige Aufarbeitung und Erinnerungspolitik teilweise explizit erschwert. Bis auf wenige Ausnahmen werden die Tatorte wie Wohnhäuser Ermordeter, Krankenhäuser, Kliniken, Arbeitslager und KZ-Außenlager bis heute nicht als solche benannt. So wundert es nicht, dass sich auch viele Menschen in der Region weigern, sich mit der Geschichte kritisch auseinanderzusetzen. Doch wäre genau dies von großer Bedeutung, wie die Ausschwitz-Überlebende Esther Bejerano mit den Worten „Ihr seid nicht schuldig, aber ihr macht euch schuldig, wenn ihr es nicht wissen wollt“ deutlich macht.

Mit zwei im Frühjahr stattfindenden Exkursionen zu kaum bekannten NS-Gedenkstätten nahe Rosenheim wollen die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) und contre la tristesse dazu beitragen, die Schicksale der Opfer des NS in Erinnerung zu halten und den wenigen noch lebenden Opfern Interesse an Ihrer Leidensgeschichte und Mitgefühl entgegenzubringen. Es gilt deren jahrzehntenlangen Kampf gegen das Vergessen und Verdrängen fortzuführen.

 

Mi., 02.05.18 | 18:30 Uhr | Fahrrad-Exkursion | KZ-Aussenlager Haidholzen

contre la tristesse | GEW

Ende März 1945 verließen die letzten der rund 200 Häftlinge das Außenlager des KZ Dachau in Haidholzen (Stephanskirchen). Bis heute erinnern wenige Überreste und eine Gedenktafel an das ehemalige KZ-Außenlager und das Leid der dort inhaftierten und zur Arbeit in den BMW-Werken und bei der Chiemgauer Vertriebsgesellschaft gezwungenen Häftlingen. Auch ein Grabstein am Baierbacher Friedhof hält die dort bestatteten „Menschen unterschiedlicher Herkunft“, unter anderem „Häftlinge des KZ – Aussenlagers Dachau in Haidholzen“ in Erinnerung. Am 2. Mai 1945, wurde dann Rosenheim von amerikanischen Truppen übernommen. Anlässlich dieser Befreiung Rosenheims vom Nationalsozialismus wird Lothar Walter (GEW Rosenheim) am 2. Mai an der Gedenktafel zum KZ-Außenlager näher auf diesen historischen Ort eingehen. Auf dem Weg dahin wird Tom Nowotny (Initiative Erinnerungskultur – Stolpersteine für Rosenheim) am Kiosk an der Schlossbergauffahrt, vor dem am 16. Juli ein Stolperstein für Johannes Vogl verlegt werden wird, über diesen referieren. Vogl war Vorsitzender der Roten Hilfe Rosenheim und wurde im KZ Dachau ermordet.

Treffpunkt ist um 18.30 Uhr im Z – linkes Zentrum (Innstraße 45). Von dort werden wir gemeinsam mit dem Fahrrad über den Schlossberg nach Haidholzen fahren.

 

Sa., 02.06.18 | 12:15 Uhr | Exkursion Psychiatriemuseum Gabersee @ Bahnhof, Rosenheim

contre la tristesse | GEW

Führung durch das Psychiatriemuseum Gabersee mit anschließendem Vortrag zu NS-Verbrechen an Opfern des sogenannten „Euthanasie-Programms“

Am 2. Juni besuchen wir die ehemalige Heil- und Pflegeanstalt Gabersee (heute Inn-Salzach-Klinikum). „Gabersee“ wurde 1883 als „Kreisirrenanstalt“ in Betrieb genommen. Der Grundsatz einer möglichst freien Arbeitstherapie wurde von den Gründer*innen konsequent verfolgt und führte zu einer Blüte der Anstalt in den 1920er Jahren. Während des Nationalsozialismus wurden die Ausgaben für die medizinische und therapeutische Versorgung der Patient*innen massiv gekürzt, ab 1936 wurden Zwangssterilisationen eingeführt und letztendlich 1940/41 im Rahmen der Aktion T4 mindestens 509 Patient*innen, wahrscheinlich aber weitaus mehr, in sogenannte „Reichsanstalten“ „verlegt“. Von dort wurden sie weiter ins Schloss Hartheim in der Nähe von Linz deportiert und dann ermordet.

Auf dem Gelände des Inn-Salzach-Klinikums erinnert heute eine Gedenktafel an die mehr als 500 getöteten Patient*innen, die besichtigt wird. Anschließend nehmen wir an einer Führung durch das medizinhistorische Museum auf dem Gelände des Klinikums teil. Inhaltlich liegt der Schwerpunkt der Führung dabei auf dem nationalsozialistischen Umgang mit Menschen, die als psychisch krank erklärt wurden, sowie auf der Nutzung des Geländes als Camp für sogenannte Displaced Persons nach der Befreiung. Schließlich referiert die Zeitzeugin Antje Kosemund zum Thema Euthanasie während des Nationalsozialismus und deren Aufarbeitung.

Antje Kosemund hat durch die Nachforschungen zur Ermordung ihrer Schwester Irma einen wesentlichen Anteil an der Aufarbeitung der NS-Verbrechen an Opfern des sogenannten „Euthanasie-Programms“ geleistet. Irma wurde mit nur 13 Jahren aus den Alsterdorfer Anstalten in Hamburg nach Wien in die Kinderfachabteilung in der Klinik „am Spiegelgrund“ verlegt, wo sie wie viele andere Kinder auch ermordet wurde. Sterbliche Überreste, vor allem Gehirne wurden für Forschungszwecke konserviert und ausgestellt. Für den wissenschaftlichen „Verdienst“, welcher durch die Forschung  an den Überresten der ermordeten Kinder erlangt wurde, wurde ihr Mörder Heinrich Gross noch mit dem Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst erster Klasse geehrt. Wie auch viele andere NS-Verbrecher, starb er vor einer Verurteilung. Der Initiative von Antje Kosemund ist es zu verdanken, dass weit über 600 sterbliche Überreste von Euthanasie-Opfern bestattet wurden und nicht weiter als medizinische Exponate ausgestellt und verwendet werden.

Treffpunkt vor Ort ist um 13:30 Uhr (Haupeingang Inn-Salzach-Klinikum,83512 Wasserburg am Inn). Es besteht die Möglichkeit, gemeinsam mit dem Zug anzureisen. Treffpunkt dafür ist um 12:15 Uhr am Bahnhof Rosenheim.

Weitere Gedenk-/Befreiungsfeiern (nur wenn übriger Platz):

So., 29.04.18: Befreiungsfeier KZ Dachau

Am Sonntag, den 29. April 2018 findet die Gedenkfeiern zum 73. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers statt. Die Veranstaltung beginnt um 9:30 Uhr in der KZ-Gedenkstätte Dachau mit einem ökumenischen Gottesdienst im Karmel Heilig Blut. Um 10:45 Uhr folgt das Gedenken vor dem ehemaligen Krematorium und um 11:30 Uhr die Gedenkfeier auf dem ehemaligen Appellplatz. Weitere Infos: https://www.kz-gedenkstaette-dachau.de

 

So., 06.05.18: Surberg-Gedenkfeier Surberg 

Die Gedenkfeier zur Erinnerung an das Massaker an über 60 KZ-Häfltlingen eines Todesmarsches findet dieses Jahr am Sonntag, den 6. Mai 2018, um 13.00 Uhr, an der Gedenkstätte in Surtal statt. Weitere Infos: http://traunstein.vvn-bda.de

 

So., 06.05.18: Befreiungsfeier KZ-Gedenkstätte Mauthausen

Zu Befreiungsfeierlichkeiten der KZ-Gedenkstätte Mauthausen vgl. (www.mauthausen-memorial.org),. VonMünchen aus wird eine Bildungsreise angeboten (04. bis 06.05.2018). Weitere Infos: https://bayern.rosalux.de/

 

Di., 08.05.18:  Demonstration zum 8. Mai 1945:

„Nie wieder Krieg – Nie wieder Faschismus!“, 18:30 Uhr, DGB-Haus München, (Schwanthalerstr. 64, U-Bahn Theresienwiese). Weitere Infos: http://muenchen.dgb.de/jugend